Tag der offenen Tür
der Wildnisschule Hoher Fläming
Noch
vor hundert Jahren verbrachte der Mensch die meiste Zeit außerhalb des
Hauses. Er war damals wesentlich direkter auf die Natur angewiesen
als heute: Sie war Arbeitgeber, Ernährer, Freund, aber auch Feind.
Im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung haben wir uns immer weiter
von der Natur entfernt, sie ist uns fremd und manchmal unheimlich
geworden, elementare Fertigkeiten haben wir vergessen und verlernt.
Die
Wildnisschule Hoher Fläming hat sich zur Aufgabe gemacht, besonders den
Kindern die Natur wieder näher zu bringen, sie von PC, Fernseher und
Spielkonsole wegzulocken, sie in ihrem Forschergeist zu unterstützen,
ihnen Wissen zu vermitteln und Erfahrungsräume zu eröffnen, durch die
sie sich wieder als Teil der Natur und ihrer Umwelt verstehen und
erleben können.
Die
pädagogische Grundlage bildet das „Art of Mentoring“, auch als
„Coyote Lehren“ bekannt. Es ist angelehnt an die Lehrweise der
Urvölker Amerikas, die durch Inspiration, dem Erwecken von
Neugierde und dem Erschaffen von Notwendigkeiten, ein sich selbst erarbeitetes
und nachhaltiges Wissen schaffen. In den praktischen Kursen werden den
Teilnehmern mit viel Lust und Freude bewährte Techniken und
Methoden vermittelt. Geschichten erzählen und hören ist von
elementarer Bedeutung in unseren Kursen, sie sind inspirierend und
verankern das Erlebte im eigenen Körper. Die Wildniscamps finden
zu verschiedenen Themen statt: Das Spurenlesen, Tier- und Pflanzenkunde,
Naturbeobachtung und Wahrnehmung, die Vogelsprache,
Survivaltechniken, einfache Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände
herstellen, heilige Jagd und vieles, vieles mehr. In der
Wildnisschule geht es darum, Beziehung aufzubauen und zu stärken, dies
geht weit darüber hinaus, die Dinge beim Namen zu nennen, zu wissen,
wann und wo die Brennnessel wächst, wie ihre Wurzel aussieht, was sie
über die Bodenqualität aussagt, wie sie im Winter aussieht, was man
von ihr essen kann, wie ihre Blüten aussehen, wie man aus ihr Schnüre
herstellt, welcher Schmetterling sie bevorzugt, welcher Vogel ihre Samen
gerne pickt, wie sie riecht, wie sie klingt wenn ein leichter Wind durch
sie hindurch weht, wie die Regentropfen an ihrer rauen Blattoberseite
abperlen, was sie für eine Bedeutung für unsere Vorfahren hatte und so
weiter.
Einmal
im Jahr lädt die Wildnisschule zu Tagen der offenen Tür ein –
letzterer am 15. und 16. 09. in Mahlsdorf bei Reetz. In der Flämingregion
arbeiten die Pädagogen seit 2010 und bieten regelmäßig Camps,
Workshops und Lehrgänge an. Auch in diesem Jahr konnten die Anwesenden
viele interessante Dinge erleben und erfahren. Das begann schon mit dem
Entfachen des Eröffnungsfeuers. Dazu brauchte Mitorganisator Paul
Wernicke nämlich weder Streichholz noch Feuerzeug. Er tat das wie die
Steinzeitmenschen – mit einem Feuerbogen. Deshalb nahm er die Sache
auch selbst in die Hand. „Das Umgehen damit erfordert viel Übung“,
erklärte er. Den Vormittag über konnten sich die Gäste bei
verschiedenen Kurzvorträgen über die Arbeit der Schule informieren.
Und während die Eltern sich weiterbildeten, ging es mit den Kindern in
den Wald für Spaß und Spiel. Außerdem konnten sie das Anschleichen üben,
um für den kommenden Ausflug ins Grüne gerüstet zu sein. Nachmittags
ging es dann zu Miniworkshops hinaus in den Wald. Auf dem Platz selbst
wurde Bogenschießen angeboten, ein Erdsirup aus Spitzwegerich gekocht,
man konnte seine Messer schärfen lassen – alles in allem eine fröhliche,
ausgelassene Stimmung. Für die Verpflegung wurde in großen Kesseln Kürbis-
und Gemüsesuppe gekocht. Aber auch die Gemüseverächter mussten nicht
hungern, für die gab es leckere Biobratwürstchen vom Grill. Auch viele
spontane Aktionen prägten den Tag. Einige der Anwesenden brachten
Material mit, so dass Lederbeutel und Holzschalen hergestellt werden
konnten. Den etwa 100 Gästen aus Leipzig, Berlin, Magdeburg und dem Fläming
hat´s gefallen und viele sind sicher etwas schlauer nach Hause
gefahren.
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