Marions Wollstube
Das verrückteste,
was Marion Herrmann je gestrickt hat, war ein Schlafanzug für einen Hund. Die 53
jährige ist derzeit dabei, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Schon als Kind liebte
sie Handarbeiten. Ihre Mutter brachte ihr Häkeln und stricken bei und
organisierte alles, was es damals in der Richtung für Kinder gab: einen kleinen
Webstuhl, eine Strickmaschine für Kinder, eine Strickliesel usw. Da Marion
Herrmann immer gern Neues ausprobierte, fiel es ihrer Mutter nicht schwer, immer
etwa anderes für ihre Tochter zu finden. Geboren wurde Marion Herrmann in
Angermünde. Als sie 4 Jahre alt war, zog die Familie nach Wiesenburg auf den
Tränkeberg, da ihr Vater dort Arbeit in der Forstwirtschaft gefunden hatte.
Marion Herrmann lernte Bäcker in der Bäckerei Lüdecke in Bad Belzig.
Anschließend hat sie über 30 Jahre in der Gärtnerei Köhler in Reetzerhütten
gearbeitet. Leicht hatte die dreifache Mutter es aber nicht, bald bestimmte der
Alkohol ihr Leben. Irgendwann sagte sie sich selbst – nun ist Schluss, denn
inzwischen war sie ganz unten angekommen. Sie ging zur Entziehung und ist über
3 Jahre trocken. Inzwischen geht sie offen mit ihrem Problem um. Das hilf auch
anderen, wieder auf sie zuzugehen, denn viele wissen nicht, wie sie sich in so
einem Fall verhalten sollen. „Da merkt man dann, wer wirkliche Freunde sind“,
stellt sie heute fest. Während der Entziehung lernte sie in der Therapie das
Spinnen. Ihre Therapeutin war erstaunt, wie schnell Marion Herrmann sich die
Fertigkeiten annahm. Das und auch das autogene Training haben ihr sehr geholfen.
Durch folgende Arbeitslosigkeit und Hartz 4 sagte sie sich: „ich kann doch jetzt
noch nicht die Hände in den Schoß legen, ich muss noch was tun“. So entschloss
sie sich, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Ihr Ehemann, von dem sie zwar getrennt
lebt, sich aber wieder super versteht, spendierte ihr ein Spinnrad. So konnte
sie sich ihre Wolle selbst herstellen. Sie bekommt das Rohmaterial, wie es vom
Tier abfällt.
Dann wird die Wolle
gewaschen, getrocknet, auseinander gezogen, gekämmt und schließlich zu einem
Faden gesponnen. Der letzte Schritt ist dann das Verzwirnen, bei dem 2 Fäden zu
einem gedreht werden. Wiederum mit dem Spinnrad, wobei sich diesmal das Rag in
die entgegengesetzte Richtung drehen muss.
Dann kann die Wolle
verarbeitet werden. Und wieder versucht sich Marion Herrmann an neuen Methoden,
wie tunesisches Häkeln oder sträkeln – ein Mix aus Stricken und Häkeln. Sie gibt
Häkelkurse, inzwischen trifft sich jeden Montag ein fester Stamm an
Interessierten. Außerdem hilft Marion Herrmann ehrenamtlich im Cafe am Bahnhof
aus, vor allem, um unter Menschen zu kommen. Marion Herrmann möchte zukünftig
von ihrer Arbeit leben können. Durch das Projekt 50 + der MAIA wird sie im
Moment noch unterstützt, sei es durch die Beantragung finanzieller Mittel und
vor allem bei den vielen auszufüllenden Formularen und Anträgen. Am vergangenen
Wochenende konnten Interessierte an einem Tag der offenen Tür ihre neue
Wollstube besichtigen. Wiederum hat ihr Ehemann sie unterstützt und ein Zimmer
in seinem Elternhaus zur Verfügung gestellt. Und dort sieht es wirklich wie in
einer Wollstube aus.
ZURÜCK
|