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Auch ein Vollblutmusiker hat mal einen Texthänger. So ging es John Shreve auf dem gemeinsamen Konzert mit Gerd Seffner am vergangenen Samstag im Wiesenburger Bahnhof. Ihm wollte partout die erste Zeile eines Songs nicht einfallen ...... „Die war noch unterwegs“ meinte er schmunzelnd, als das Gedächtnis pünktlich mit der Durchfahrt eines Zuges wieder kam. Neben Liedern aus seiner Heimat präsentierten die beiden Musiker auch viele bekannte Songs, die das handverlesene Publikum mitsingen konnte. So standen Bob Dylan, Woody Guthrie und nicht zuletzt Pete Seeger, der vor kurzem verstorbene Ausnahmekünstler auf dem Programm. Auf Wunsch des Publikums erklang zum Abschluss : “We shall overcome“ mit der eigens zum Wendezeitpunkt neu kreierten Textzeile: East and West togehter someday (Ost und West zusammen – eines Tages). John Shreve verbindet auch persönliche Erinnerungen mit dem Wiesenburger Bahnhof. Als er Ehefrau Christiane aus Reetz kennen lernte, wohnte er in Westberlin. So fuhr er fast jedes Wochenende vom Wiesenburger Bahnhof zurück nach Berlin.

Mit Gerd Seffner spielte er nicht zum ersten mal zusammen. Die beiden hörten sich erstmals, als Gerd Seffner mit seiner Band auf dem Goetheplatz in Wiesenburg spielte, John Shreve in der Wiesenburger Kirche. „Wenn Du mal einen Gitarristen brauchst, sag Bescheid“, meinte Gerd Seffner damals.  Auf dem Lichterfest 2011 musizioerten beide das erste mal gemeinsam – ohne irgendeine Probe. Das zeigt, dass sie sich musikalisch gut verstehen. Das die Beleuchtung damals nicht ideal war, hielt John Shreve damals seine Gitarre so, dass Gerd Seffner den Steg und somit seine Griffe sehen konnte. Und da letzterer ein absolutes Improvisationstalent ist, wie auch jetzt wieder zu hören war, musizierten sie lange gemeinsam. Man musste sogar überlegen, welches Lied man noch spielen konnte. John Shreve lockerte das Programm mit Geschichten aus seiner Heimat auf. Als Student arbeitete er als Cowboy auf einer Ranch. Die hatte einen recht seltsamen Namen, sinngemäß übersetzt: der See, der weggeflogen ist. Natürlich wollte John Shreve den Ursprung dieses seltsamen Namens wissen. Mit dem Sohn des Besitzers ritt er zu einer tiefen Senke. Hier ist der See, meinet dieser. Wieso, so Shreve, hier ist doch gar keiner. Hier war aber einer, so der Sohn. Als im Herbst die Zugvögel gen Süden zogen, sammelten sie sich auf dem See. Der ganze See war voll. Über nacht fror es heftig, so dass die Vögel gefangen waren. Bis einer anfing mit den Flügeln zu schlagen und alle anderen es ihm gleich taten. So erhob sich die gesamte Eisdecke – und der See flog weg. Als John Shreve den Cowboy erstaunt ansah, bemerkte er das Schmunzeln auf dessen Gesicht......

Bereits am Sonntag stand für John Shreve der nächste Auftritt auf dem Programm – ein Gedenkkonzert für Pete Seeger in Berlin.
 
 

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