Zur Fällung der Friedenseiche
Mitteilung
des Gutachters zur Fällung der Friedenseiche
Bei
meinen Untersuchungen an der Friedenseiche in Reetz, im Mai dieses Jahres, habe
ich die dünnste Restwandstärke des Stammes in Bodennähe festgestellt.
Schweren Herzens entschied ich mich für eine Fällung der Friedenseiche in
Reetz.
Der
festgestellte Lackporling besiedelt nicht nur das Stammholz, er zersetzt auch
Wurzelansätze und Wurzeln. Das für den Pilz beste Milieu ist dort wo es gleich
bleibend feucht und ausreichend Sauerstoff vorhanden ist, also in der oberen
Bodenschicht.
Die
Wurzelansätze sind mit großer Wahrscheinlichkeit stärker befallen als der
Stamm selbst. So haben es auch eigene Beobachtungen bei der Untersuchung
gebrochener Bäume gezeigt.
Die
leichte Neigung des Stammes, der ungünstige Standort und die Tatsache, dass
sich uns die Zersetzungsvorgänge im Boden unserer Beobachtung entziehen,
veranlassen mich, Ihnen von dem Erhalt des Stammes, als Torso abzuraten.
Fazit:
Bei
Erhalt des Stammes müssten kostenaufwändige Zugversuche durchgeführt werden,
welche aber nur eine Aussagesicherheit für kurze Zeit garantieren.
Aus
Gründen der Verkehrssicherheit kann der Stamm der Eiche nicht als Torso
erhalten bleiben.
Mit
freundlichen Grüßen
Holger
Gabel
(Öbv-Sachverständiger)
NATUR:
Lackporling weicht Eichenholz auf
Baumfällung im Zentrum
von Reetz nicht zu verhindern
REETZ
- Die Friedenseiche im Zentrum des 600-Einwohner-Dorfes ist gestern
abgetragen worden. 1871, anlässlich der Beendigung des deutsch-französischen
Krieges gepflanzt und vor einem Jahr mit einer von Stefan Brüning gestifteten
Tafel gekennzeichnet, ist der Baum nun buchstäblich nicht mehr zu halten. Vom
Pilz stark befallen ist er zur Gefahr geworden.
„Der
Lackporling ist schuld“, wusste Gisela Burmeister beim Ortstermin am Montag
zu berichten. „Er befällt hauptsächlich Laubbäume, wo er von der Wurzel
her Schaden anrichtet. Das betroffene Holz wird weicher, verliert an
Festigkeit und zerfällt schließlich“, erklärte die Mitarbeiterin des
Bauamtes der Gemeindeverwaltung Wiesenburg/Mark. Ein Windstoß hätte demnach
den oben freilich noch grünenden Riesen zum Sturz bringen können.
Dessen ungeachtet
war es ausgerechnet der Nachbar, der sich für dessen Erhalt einsetzte und
damit die Verantwortlichen nochmals in Atem hielt. Dieter Wankmüller, der
seit einiger Zeit den Sensthof bewohnt, hat am Wochenende nicht nur einen
Trauerflor um den Stamm gelegt, sondern sogar ein Gedicht „Frieden der
Friedenseiche“ geschrieben. Seinen Kompromissvorschlag, lediglich die Krone
zu kappen und die Ruine – in Verantwortung der Dorfgemeinschaft – zu
erhalten und zu gestalten, lehnte Marion Gante nach Rücksprache mit dem
Rathaus zunächst einmal ab.
Indes liegen ja
Freud und Leid oft dicht beieinander. So war es am Wochenende in Reetz. Da hat
nämlich der nunmehr 35 Mitglieder zählende Verein für Ökologischen Landbau
und Landschaftspflege (Oe-La-La) auf seinem 21-Hektar-Areal, das künftig
nachhaltig bewirtschaftet werden soll, einen Gingko gepflanzt. Geliefert vom
Pflanzenhof Wolfgang Ebel und von Petrus nicht zu knapp mit Wasser versehen,
gilt er nicht minder als Symbol der Harmonie und des Friedens. Nicht zuletzt
sieht ja das Gesamtkonzept vor, die vereinseigene Fläche für
Ausgleichspflanzungen bereit zu stellen. Nicht zuletzt für den seit langem
geforderten Radwegbau von Wiesenburg entlang der B 246, wobei Boden versiegelt
werden muss, wie Ursula Kunz erläuterte. „Mit der Realisierung wächst der
Wunsch, nicht länger als Eindringling wahrgenommen zu werden“, formulierte
die Vereinsvorsitzende schließlich ihre Bitte an die Dorfgemeinschaft.
Traditionell ging
es im Anschluss an das Zeremoniell zu. Auf dem Sportplatz ist das herbstliche
Kartoffelfest gefeiert worden. Das Drachensteigen fiel zwar im wahrsten Sinne
des Wortes ins Wasser. Doch in dem von den Kameraden der freiwilligen
Feuerwehr aufgebauten Zelt nutzten die Kinder die Gelegenheit, per
Kartoffeldruck die Banner für den Weihnachtsmarkt herzustelen. Was die Knolle
an kulinarischen Genüssen hergibt, hat Rosemarie Kriebel bewiesen. Die Wirtin
der Gaststätte „Bauernstüble“ hat somit maßgeblich zum Gelingen des
Tages beigetragen. (Von Eva Loth und René Gaffron)
MAZ vom 22.10.2010
Frieden
unserer Friedenseiche
Das
Alter hat dir zugesetzt, du alte Reetzer Eiche.
Das
Urteil ist gefällt: Krank bist du und nun weiche!
Einhundert
Jahr und mehr hast du mein Haus beschützt.
Dein
Mark ist hohl nun, dass du nicht mehr nützt.
Nicht
warten will der Mensch, bis Du zerbrichst.
Fällt
dich bevor du fällst. - Und rettet sich.
Oh
Baum des Friedens, verzeih mir die Gewalt!
Lass
neuen Frieden sprießen hier für Jung und Alt!
Hier die Fotos von der Fällung von
Dieter Wankmüller
Sehr
geehrte Frau Gante, sehr geehrte Frau Burmeister,
Reetz und ich werden jetzt und zur 850-Jahrfeier in 2011 ohne die alte
Friedenseiche auskommen müssen.
Es
bleibt uns ein Trost: Das Gutachten hat sich wohl bestätigt und die Fällung es
war kein Fehlurteil.
Ich
bedanke mich bei der Gemeinde für das Überlassen des Eichenstammes.
Ich
hoffe, daß wir daraus ein oder mehrere Denkmale gestalten können, so dass die
Eiche nicht ganz in Vergessenheit gerät.
Ich
persönlich würde sie gerne in einem Wandbild auf der renovierten Fassade des Kutscherhaus
verewigen und suche jetzt nach einem geeigneten Künstler.
Großen
Dank gebührt auch Dachdeckermeister Kube, der mir
den Eichenstamm mit seinem Teleskopstapler von der Straße auf seinen Holzhof
zur weiteren Verarbeitung transportiert hat.
Er
hat es für ein Dankeschön getan. Meine Erkenntnis: In Notfällen kann man sich
auf Reetz verlassen.
Auf
diese Weise sind die aufregenden Tage nun zu Ende gegangen. Bis auf die Eiche
sind wir hoffentlich alle unbeschädigt geblieben.
Mir
aber bleiben die sterblichen Überreste der Eiche. Sie ruhen geschützt unter
einem Dach im Nordgarten.
In
drei Jahren werden sie im Backhaus eingeäschert und wir können mit ihrer Hitze
Brot und Kuchen für Reetz und seine Gäste backen und uns erinnern.
Mit
herbstlichen Grüßen, Dieter
Wankmüller
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